1897 – die Entstehung der WVG
In den originalen Protokollen unserer Anfänge lesen wir über die erste Generalversammlung der Hüscheider Wasserleitung. Am 10. July 1897, abends um 8 Uhr, geleitet von Herrn Hauptlehrer Säger aus Pattscheid, startet die erste Jahreshauptversammlung. Übrigens haben sich damals, wie im Protokoll nachzulesen – bis auf wenige Ausnahmen –, fast alle Mitglieder eingefunden. TV und Internet mussten noch erfunden werden.
Zum Start der Genossenschaft werden zwei wichtige Bücher zum Preis von einer Mark neunzig angeschafft: Ein Protokollbuch und ein Kassenbuch.
Bei unserer nächsten Jahreshauptversammlung 2026 werden wir die Originale zur Ansicht auslegen.
Lustbarkeitserlaubnis unter der Besatzung [1945 bis 1949]
Was in den ersten 50 spannenden Jahren mit zwei Weltkriegen so passierte, lässt sich gut aus der Rede zur 50-Jahrfeier der WVG entnehmen. Das war 1947. Es fiel „nun gerade nicht in eine frohe und hoffnungsvolle Zeit“, so der Festredner.
Im Lokal bei Flocke [heute Hüscheider Str. 38 – damals mit Tanzsaal auf der ersten Etage] und „mit so wenig Alkohol wie selten“.
Ein Lustbarkeits-Erlaubnisschein musste beim Gemeindedirektor Bergisch Neukirchen für drei Reichsmark beantragt werden.
Hier die Rede vom Originalprotokoll:
„Ich möchte nun einen kurzen Überblick über den Werdegang unserer Gesellschaft geben: Vor mehr denn 60 Jahren ging das Gerücht um, dass Wasser soll den Berg rauf laufen, was damals aber noch keiner glauben wollte. Bis denn als erster in unserer Gemeinde ein gewisser Buchhaas und Kolk wohnhaft im Hause Hebestreit-Strate Imbach, ersterer aus Sachsen, dieses denn in die Tat umsetzten, selbiger ließ dort wo jetzt Imbach das Wasser herholt 1886 einen Widder [hydraulische Pumpe] aufstellen, verlegte aber vorsichtigerweise die Rohre über der Erde und durch die Bäume.
Von Nah und Fern sogar aus Westfahlen sollen denn Interessenten gekommen sein und haben die Anlage unter Staunen besichtigt, es war nun tatsächlich so, man brauchte nur am Kranen zu drehen und schon lief Wasser, damals kaum glaublich und heute nicht mehr fort zu denken. Nach 10 Jahren erst 1896 baute nun Imbach seine eigne Wasserleitung an diese bestehende aus.
In Hüscheid schlief man nun auch nicht, die Herren Jul. Flocke, Herm. Wietscher und Klingelhofer setzten sich sehr für den Bau einer Wasserleitung ein, man gab 1896 eine dementsprechende Anzeige in einer Kölner Zeitung auf, worin eine Unternehmer-Firma gesucht wurde. Unter anderen meldete sich auch eine Firma Blahs aus Linde bei Euskirchen und am 17. Febr. 1897 wurde denn unsere jetzige Gesellschaft gegründet.
Diese Versammlung wurde von Herrn Hauptlehrer Säger aus Pattscheid geleitet und zum Vors. wurde Herr Jul. Flocke gewählt. Die Arbeiten wurden denn umgehend aufgenommen und unsere Wasserleitung soll denn im Juni in Betrieb genommen worden sein.
Zuerst wurden Widder mit einer Tagesleistung bis 12 cbm aufgestellt, 1905 reichte diese Förderung nicht mehr aus, man wollte nun die starke Quelle im Neuenkamp dazu nehmen und in der Wiese vor dem Kessel noch 2 Widder aufstellen, dieser Plan ist aber nicht zur Ausführung gekommen sondern es wurde 1907 eine Pumpe mit elektr. Antrieb in den Brunnen bei Karl Willms gebaut, mit einer Leistung von 2 cbm stdl. Der Verbrauch steigerte sich aber immer mehr, Neubauten kamen hinzu und der Brunnen reichte auch nicht mehr aus.
Dann erbaute man 1913 unser jetziges Pumpenhaus und stellte darin die Pumpe aus dem Brunnen auf, ebenso wurde eine neue Steigleitung gebaut und unter dem damaligen Vors. Herrn Rich. Kietscher wurde denn auch die Ortschaft Neuenkamp angeschlossen.
1915 musste nun, wieder durch erhöhteren Verbrauch bedingt eine neue Pumpe aufgestellt werden mit einer Leistung bis 5 cbm stdl., welche uns auch heute noch mit Wasser versorgt, allerdings sind wir nun wieder an der Grenze des möglichen bei trockenem Wetter angelangt. Aus diesem Grunde nun haben wir vor 4 Wochen eine neue Pumpe mit einer
Leistung von 10 cbm stdl. gekauft und auch bereits erhalten, nur können wir selbige noch nicht aufstellen, weil wir die starke Quelle erst Zuführen müssen.
Durch die Neubauten an der Hauptstrasse reichte nun unser alter Wasserturm nicht mehr aus, er musste vergrößert, insbesondere erhöht werden. Aus diesem Grunde nun wurde 1929 unser jetziger Turm gebaut. Durch die damals vorhandene Freileitung, bei welcher öfter größere Störungen durch Sturm vorkamen und um den Nachtstrom richtig auszunutzen, wurde diese 1931 durch Erdkabel ersetzt.
Seid dieser Zeit haben nun keine wesentlichen Neuerungen stattgefunden.“
Hüscheid, den 10. Mai 1947.
1946: Baustoffe sind knapp
Schraubenmuffenrohre sind nicht so einfach zu besorgen. Da muss erst ein Antrag zum Gemeindedirektor bzw. Oberkreisdirektor. Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Deutschland, eine massive Rohstoffknappheit. Die Zerstörung der Infrastruktur, die Unterbrechung von Handelsbeziehungen und die hohe Nachfrage nach Waren führten zu Engpässen bei wichtigen Rohstoffen wie Eisen, Metallen (z.B. Chrom, Nickel, Aluminium), Energie (z.B. Kohle) und Nahrungsmitteln. Die Gussrohre der Wasserleitungsgenossenschaft Hüscheid [Wassergenossenschaft, Wasserversorgungsgesellschaft – die Namen wechsel in den Originalbelegen] sind nur mit Geduld zu besorgen.
Einladung zur Generalversammlung 1949: 62 Teilnehmer anwesend!
Das ist ja toll. So viele Mitglieder interessierten sich 1949 für die Jahreshauptversammlung. Kein Wunder. Unentschuldigte Abwesenheit hat zwei DM Strafe zur Folge. Bei 64 Mitgliedern eine fast volle Anwesenheitsliste, die auch verlesen wird.
1964 wurde bei der Neufestsetzung des Wassergelds zwischen Haushalten ohne Spültoilette und Haushalten mit Spültoilette unterschieden. Neben den Pauschalsätzen gab es Haushalte mit Wasseruhren, die nach Verbrauch abgerechnet wurden.
Großvieh und Jungvieh schlagen extra zu Buche
Da es nur wenige Wasseruhren gab, wurden Großvieh und Jungvieh pauschal mit 0,80 DM und 0,40 DM abgerechnet. In der Zeit während und nach den Weltkriegen wurde mangels Barem die Wasserschulden auch mit Obst und Gemüse beglichen.
Für Kredite [z. B. für den Kauf einer größeren Wasserpumpe] wurden bei der Städtischen Sparkasse zu Bergisch Neukirchen auch Schuldscheine ausgestellt. Zur Sicherheit wurde die Schuldurkunde auf der Rückseite von allen Mitgliedern unterschrieben.
... und falls noch jemand weitere historische Bilder zur Verfügung stellen möchte oder Informationen liefern kann, senden Sie die gerne an uns.
Hans-Joachim Rigol [†]
Unser langjähriges Vorstandsmitglied Hans-Joachim Rigol hat sich intensiv mit der Geschichte des Vereins beschäftigt und alle relevanten Unterlagen für das Archiv der Stadt Leverkusen aufbereitet. Hier finden sie seinen kurzen Beitrag, kombiniert mit Überlegungen zur Bedeutung des Wassers in Vergangenheit und Zukunft.